Kodak, eines der ältesten und weltweit erfolgreichsten Unternehmen, steht kurz vor dem Bankrott. Ein Artikel aus dem Tages Anzeiger vom 6. Januar 2012 zeigt exemplarisch den Aufstieg und den Niedergang des Weltkonzerns. Zwischen den Zeilen erkennt man unschwer die Eckpfeiler der Strategie, die Kodak einst gross gemacht, später aber in den Untergang geführt hat.
Die Quasi Monopolstellung erarbeitete sich Kodak mit seinen Filmen. Analog zum heutigen Druckermarkt lieferte Kodak für alle anderen Kamerahersteller das Verbrauchsmaterial und machte über Jahrzehnte satte Gewinne. Damit gelang es Kodak, aus Konkurrenten Geschäftspartner zu machen, ein klassischer Fall einer strategisch goldrichtigen Kooperation. Kodak war lange Jahrzehnte in den USA auch einer der Top Arbeitgeber, so ähnlich wie heute Google. Die hohe Anziehungskraft für gute Mitarbeiter war mithin eines der weiteren strategischen «Abfallprodukte». Ein Faktor, der speziell für Unternehmen der Wissensgesellschaft – und dazu gehören IT Unternehmen ohne Ausnahme – zu einem Erfolgsfaktor schlechthin geworden ist.
Die Apple Quicktake 100 von 1994, hergestellt von Kodak. Übrigens die erste Digitalkamera, die ich selbst besass!
Einige Male hatte Kodak im sich bereits abzeichnenden Markt für Digitalfotografie die Chance entscheidend mitzumischen. Ironischerweise war das Unternehmen 1994 sogar Herstellerin der ersten Digitalkamera von Apple und hat es dann trotzdem verpasst unter eigener Marke mit einzusteigen. Natürlich ist man nachträglich immer schlauer, dennoch hat Kodak einige grundsätzliche Fehler gemacht, die bei richtigem Verständnis und Anwendung von Strategie vermieden werden können. Zwei entscheidende Strategie-Fehler sind im genannten Artikel klar zu erkennen:
- Die primäre Beschäftigung und Fokussierung auf Produkte und damit verbunden eine stark technisch ausgerichtete Firmenkultur. Wie dieser Fall eindrücklich zeigt, konnte eine Technologie- und Produkteorientierung im letzten Jahrhundert über Jahrzehnte funktionieren und ein Unternehmen auch zur Marktführerschaft führen. Die Gefährlichkeit lag – und liegt heute noch – aber in einem systematischen Ausblenden neuer technischer Entwicklungen, die die eigenen Produkte eines Tages komplett ablösen können. Im Vergleich zur Wirtschafts- und Technologieentwicklung des 20. Jahrhunderts ist diese im 21. Jahrhundert allerdings um einiges rasanter und die IT Unternehmen haben nicht mehr Jahrzehnte lang Zeit, technologische Vorsprünge in Gewinne zu verwandeln. Kommt erschwerend hinzu, dass der heutige Kunde wesentlich besser informiert und aufgeklärt ist und gezielter nach Nutzen statt nach Features fragt. Eine Entwicklung die sowohl für Privat- als auch für Geschäftskunden gleichermassen gilt.
- Die Sicherheit und Überheblichkeit eines erfolgreichen Unternehmens, oft eines Marktführers. Man glaubt, unbesiegbar zu sein und das Management bestärkt sich ständig selbst darin, dass dem Unternehmen nichts angehabt werden kann. Diese Selbst-Überschätzung ist brandgefährlich und führt unweigerlich dazu, dass sich das Unternehmen primär mit sich selbst statt mit seinen Kunden und deren (verändernden) Bedürfnissen beschäftigt. Wenn dann die grosse Erkenntnis kommt, meistens nach dem Austausch des Managements, ist es oftmals zu spät für einen Turnaround.
Strategie ist nichts Statisches. Denn Strategie beschäftigt sich einerseits mit dem Unternehmen und andererseits mit dem Markt in seiner ganzen Komplexität. Beide Faktoren sind hoch dynamisch und ständigen Veränderungen unterworfen. Das gleiche gilt daher für die Strategie, sie muss laufend auf den Prüfstand gestellt und angepasst werden.