Leider komme ich als Kolumnist auch nicht um die allgegenwärtige Corona-Krise herum und widme ihr daher meinen heutigen Beitrag. Allerdings habe ich für unsere Branche eine super Nachricht. Nach ausgestandenem Corona-Lockdown wird für hiesige IT-Unternehmen extrem schnell die Post abgehen, davon bin ich überzeugt. Wenn auch nicht für alle, so doch für diejenigen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben.

Mal abgesehen von aller Tragik, sehe ich aktuell Parallelen zum Aufkommen der Cloud anfangs der 10er Jahre. So war schon damals bei objektiver Betrachtung völlig klar, dass sich diese neue Technologie flächendeckend verbreiten und zum Milliardengeschäft wachsen würde. Dies insbesondere aufgrund des gigantischen potenziellen Kundennutzens, den die Cloud versprach. In den darauffolgenden Jahren ging es mit der Cloud zuerst zaghaft, ab 2017/18 dann aber rasant aufwärts. Heute ist Cloud allgegenwärtig und auch im Portfolio des hinterletzten IT-Anbieters angekommen. In meiner Kolumne "Die Cloud ist definitiv da" von Mai 2017 zeichnete ich diesen Prozess im Detail nach.

Der Vergleich mit Corona passt nun insofern, als dass die Zeichen für ein gigantisches IT-Neugeschäft – wenn man genau hinschaut – mindestens so klar und unmissverständlich sind, wie für die Cloud damals. Allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: Das Geschäft wird überfallartig auf die hiesigen IT-Unternehmen einschlagen und sich nicht auf fünf oder mehr Jahre verteilen. Gewinnen wird daher, wer vorbereitet ist und schnell agieren kann.

Wieso glaube ich, dass Corona einen IT-Boom zur Folge haben wird? Mir scheint es offensichtlich, dass Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad diese Krise deutlich besser meistern als andere. Das fängt bei den Voraussetzungen für Homeoffice an und gilt uneingeschränkt für alle Prozesse, die dank intelligenter Software ganz oder teilweise automatisiert werden können. Denn damit lässt sich bis zu einem gewissen Grad eine Wirtschaft "auf Distanz" steuern.

Wenn nun also nach der Krise die Nachfrage nach digitalen Lösungen rasant anziehen wird, muss man als IT-Unternehmen diese natürlich auch erst noch befriedigen können. Und genau da liegt die Krux.

Es fängt nämlich schon mal damit an, dass auch IT-Unternehmen den wirtschaftlichen Lockdown erst mal selbst überleben müssen. Das ist – wie ich von einigen Fällen weiss und wir auch bei inside-channels.ch nachlesen können – keine Selbstverständlichkeit. Auch bei ihnen bricht momentan die Nachfrage ein, Projekte werden verschoben oder ganz abgesagt und vieles mehr. Einigermassen robust sind diejenigen IT-Firmen, die vorgesorgt haben.

Sie verfügen über genügend Cash. Cash ist in der Krise immer King. So verlangt die "finanzielle Reichweite", dass ein Unternehmen zwischen 3 und 6 Monaten ohne einen einzigen Franken Einnahmen in seiner aktuellen Grösse sollte überleben können. Zusätzlich sind die IT-Unternehmen massiv im Vorteil, die über einen möglichst hohen wiederkehrenden Einnahmestrom (sog. "Recurring Income") verfügen. Dieser sollte vertraglich abgesichert sein. De facto sind Service-, Subskriptions- und Wartungs-Modelle dafür der Schlüssel. Nachdem sich Homeoffice im ganzen Dienstleistungsgeschäft durchgesetzt hat, spielt eine Unternehmenskultur von Vertrauen und Selbstverantwortung eine weitere Schlüsselrolle für ein einigermassen unbeschadetes Überleben. Wenn dann ein Unternehmer (wie kürzlich einer meiner Kunden) sogar noch sagen kann, dass sein Team im Homeoffice produktiver ist als on site, obwohl sie vorher noch nie Homeoffice im grossen Stil praktiziert hatten, so ist das ein eindrücklicher Beweis für eine krisenfeste Arbeitskultur.

Last but not least genügt das nackte Überleben allein natürlich noch nicht. Es braucht vor allem auch Mut zum Risiko. So macht es keinen Sinn, jetzt in Schockstarre zu verharren, zu warten, bis es für alle sichtbar wieder weitergeht, sondern, es sollte schon jetzt gehandelt werden. Wenn dann nämlich die Anfragen im Minutentakt reinkommen wie aktuell die Kreditanfragen bei den Banken, so ist es bereits zu spät. Fragt euch bereits jetzt, "sind wir für den Ansturm gerüstet?" und macht einen Plan, um diesen Zustand so rasch als möglich herzustellen. Wer hier schnell und mutig ist, wird zu den Gewinnern gehören.

Nach der Krise ist vor der Krise. Corona wird vorbeigehen, unser aller Leben und Wirtschaften werden sich (einigermassen) normalisieren. Doch – und mindestens das sollten wir aus der Krise lernen – die nächste Verwerfung wird mit Sicherheit kommen. Im Gegensatz zur aktuellen Situation, können sich die überlebenden IT-Unternehmen aber mit etwas Zeit auf diese vorbereiten. Auch dazu ein kurzer Ausblick.

Erstens – und absolut zentral – baut eure Geschäftsmodelle radikal auf einen Maximalanteil von wiederkehrenden Einnahmen um. Diese sollten, auch im Sinne des Kunden, vertraglich durch SLAs abgesichert sein. Das gilt übrigens für alle Typen von IT-Firmen. Egal ob Software, Hardware, Dienstleistungen oder irgendeine Kombination davon.

Zweitens: Entwickelt skalierbares Business und reduziert "Losgrösse Eins"-Projekte so weit wie möglich. Damit verbesserte ihr eure Marge, gleichzeitig erhöht ihr die Qualität der Leistungen.

Drittens: Erhöht die finanzielle Reichweite auf mindestens 3, besser noch 6 Monate, indem Cash oder cash-nahe Positionen aufgebaut und gehalten werden.

Viertens: Entwickelt eine effektive Fokusstrategie bis hin zur vertrieblichen Umsetzung. Eine solche bringt deutlich mehr Durchschlagskraft, ermöglicht eine Marktführerschaft und generiert das nötige Cash, das ihr für die Krisenkasse ohnehin braucht.

Fünftens: Dezentralisiert eure Organisation (wenigstens in den Köpfen) und schafft damit die Voraussetzungen für produktive Teamarbeit auch in Ausnahmesituationen wie der heutigen. Ob dann physisch zusammen oder virtuell digital gearbeitet wird, spielt keine Rolle mehr. Die zweite Form sollte auch institutionell in Nicht-Krisen-Zeiten gelebt und ständig geübt werden. Mit anderen Worten. Führt Homeoffice als festen Bestandteil eurer Organisation ein.

Sechstens: Macht eure Mitarbeitenden zu mitdenkenden, mithandelnden und mitverantwortenden Personen. Was übrigens zuerst von den Inhabern und Chefs (und deren Köpfen) ausgehen muss und nicht primär von den Mitarbeitern.

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