Dis­rup­ti­on – ein Be­griff in al­ler Mun­de. Der Te­nor da­zu ist zwei ge­spal­ten. Vor al­lem in der IT wird mit dem Be­griff Dis­rup­ti­on auf Sei­ten der Kun­den ver­sucht Angst und Schre­cken zu ver­brei­ten. Nur mit Tech­no­lo­gie, Tech­no­lo­gie und noch­mals Tech­no­lo­gie sol­len (vor al­lem eta­blier­te) Un­ter­neh­men die Be­dro­hung ih­rer eta­blier­ten Ge­schäfts­mo­del­le in den Griff be­kom­men kön­nen.

Selbst­ver­ständ­lich macht aber die Dis­rup­ti­on auch vor den IT-Anbietern selbst nicht Halt. Auch ih­re Ge­schäfts­mo­del­le wer­den an­ge­grif­fen. Hier spre­chen wir dann von der eher un­er­wünsch­ten Dis­rup­ti­on, zwingt sie uns doch bei den ei­ge­nen Un­ter­neh­men zum Han­deln. Der ak­tu­el­le „Disruptions-Klassiker“ im IT-Business ist mit Si­cher­heit der zu­neh­men­de Sie­ges­zug des CLOUD COM­PU­TING, der so man­ches Ge­schäfts­mo­dell von Software-, Hardware- und IT-Serviceanbieter mas­siv be­droht.

Ver­ständ­li­cher­wei­se ent­steht auf­grund des ak­tu­el­len Me­ga­hy­pes rund um die zer­stö­re­ri­sche De­mon­ta­ge von Ge­schäfts­mo­del­len, um des­sen Epi­zen­trum Si­li­con Val­ley und der da­mit ver­bun­de­nen Dau­er­be­schal­lung aus al­len Me­di­en­ka­nä­len für (IT)Unternehmer un­wei­ger­lich der Ein­druck, Dis­rup­ti­on sei et­was kom­plett Neu­es und müs­se da­her auch mit völ­lig neu­en Mit­teln „be­kämpft“ wer­den. Dem ist aber nicht so. Dis­rup­ti­on – wenn auch nicht un­ter die­sem Be­griff – ist ur­alt. Die ra­di­ka­le Ver­än­de­rung von Ge­schäfts­mo­del­len gibt es, seit es Un­ter­neh­men gibt, wenn auch die breit an­ge­leg­te Di­gi­ta­li­sie­rung ei­ner­seits ei­ne neue Qua­li­tät an Ver­än­de­rungs­ge­schwin­dig­keit ge­bracht und an­de­rer­seits die schie­re Men­ge an mög­li­chen ra­di­ka­len Ver­än­de­run­gen mas­siv zu­ge­nom­men ha­ben.

Ein wirk­sa­mes Me­di­ka­ment ge­gen be­droh­lich emp­fun­de­ne Dis­rup­ti­on liegt in der An­pas­sung und Wei­ter­ent­wick­lung des ei­ge­nen GE­SCHÄFTS­MO­DELLS, da ist man sich ei­nig. Die Ur­sa­che der Be­dro­hung ist aber da­mit nicht be­sei­tigt. Im Ide­al­fall ist zwar das Pro­blem für ei­ni­ge Zeit – näm­lich bis zum nächs­ten An­griff – un­ter Kon­trol­le, es wird aber so si­cher wie das Amen in der Kir­che wie­der­auf­tau­chen und zur nächs­ten Ver­än­de­rung zwin­gen. Wir be­fin­den uns al­so im „Re­ak­ti­ons­mo­dus“ und nicht in ei­nem Mo­dus von ak­ti­ver Selbst­ge­stal­tung und da­mit auch nicht in ei­nem Mo­dus, in wel­chem wir un­se­re ei­ge­nen Wett­be­werbs­vor­tei­le wir­kungs­voll zum Ein­satz brin­gen kön­nen.

Die Ur­sa­che für „Dis­rup­ti­ons­stress“ liegt ur­säch­lich im feh­len­den, be­zie­hungs­wei­se un­ge­nü­gen­den Ver­ständ­nis des ei­ge­nen Ge­schäfts. Ein Soft­ware­an­bie­ter, der sich un­ver­än­dert als Her­stel­ler und Lie­fe­rant sei­ner über die Jah­re ge­wach­se­nen, er­ra­ti­schen Busi­ness Soft­ware ver­steht, be­kommt es ver­ständ­li­cher­wei­se mit zu­neh­men­der Ver­brei­tung von cloud­ba­sier­ter Soft­ware ir­gend­wann ein­mal mit der Angst zu tun. Wenn auch die über­wie­gen­de Zahl die­ser An­bie­ter mo­men­tan den auch be­reits für Blin­de er­kenn­ba­ren Trend zum cloud-ERP noch als „Spie­le­rei für bil­li­ge und ganz ein­fa­che Lö­sun­gen“ ab­tun.

Ein ge­gen Dis­rup­ti­on schüt­zen­des Ge­schäfts­ver­ständ­nis – üb­ri­gens ei­ne „Er­fin­dung“ des gros­sen Management-Vordenkers Pe­ter F. Dru­cker – zielt näm­lich im­mer, ich be­to­ne IMMER, auf das beim Kun­den zu lö­sen­de Ge­schäfts­pro­blem und dem da­mit ver­bun­de­nen Nut­zen ab. Das gilt üb­ri­gens auch für rei­ne Pro­duk­te­fir­men. Auf den obi­gen Fall an­ge­wen­det, könn­te das Ge­schäfts­ver­ständ­nis des ERP-Anbieters bei­spiels­wei­se lau­ten: „Wir sind im Ge­schäft für die di­gi­ta­le Steue­rung von Un­ter­neh­mens­pro­zes­sen tä­tig“. Ob dies nun mit Hil­fe ei­nes mäch­ti­gen, on pre­mi­se ERPs oder mit ei­ner schlan­ken cloud-Lösung ge­schieht, hat dann viel­mehr mit der ge­wähl­ten Ziel­grup­pe zu tun und da­mit, wie das Ge­schäfts­pro­blem der Wunsch­kun­den nach dem ak­tu­el­len Stand der Tech­nik am bes­ten ge­löst wer­den kann.

Wenn nun aber VW – üb­ri­gens auch fast je­der an­de­re Au­to­her­stel­ler – von sich be­haup­tet, „Wir sind im Ge­schäft der Individual-Mobilität tä­tig“, dann ist das of­fen­sicht­lich nur ein Mar­ke­tings­pruch. So­lan­ge die Stück­zah­len der ab­ge­setz­ten Au­tos das Mass al­ler Din­ge sind (und da­mit auch zum al­lei­ni­gen Ver­gleich mit den Mit­be­wer­bern her­an­ge­zo­gen wer­den), spielt eben die Men­ge der Fahr­zeu­ge nach wie vor die Haupt­rol­le und nicht die „Lö­sung des Mo­bi­li­täts­pro­blems“ der Kun­den. Ei­nen kla­ren Be­leg für die­se Fehl­lei­tung lie­fert zur­zeit der Ab­gas­skan­dal.

Auf­grund des VW-Beispiels wird deut­lich, dass ein problem- und nut­zen­ori­en­tier­tes Ge­schäfts­ver­ständ­nis re­la­tiv ein­fach zu fin­den, je­doch schwie­rig in die Pra­xis um­zu­set­zen ist. Spe­zi­ell für Fir­men, wel­che es ge­wöhnt sind, ih­re Pro­duk­te zu „pro­du­zie­ren“ und zu „ver­trei­ben“ ist ein sol­cher Sin­nes­wan­del nicht ein­fach. In Zei­ten von schnel­ler Dis­rup­ti­on und aus­tausch­ba­rer Pro­duk­te – und da­zu zäh­len die Mehr­zahl an Software- und IT-Produkten – bleibt uns aber kei­ne an­de­re Wahl. Ich per­sön­lich se­he da­her ei­ne Mega-Chance für Un­ter­neh­men, wel­che den ge­dank­li­chen Wech­sel von ih­ren Pro­duk­ten hin zum Pro­blem­lö­ser ih­rer Kun­den nicht nur in ihr Mar­ke­ting, son­dern „gen­tech­nisch“ in ih­rer DNA im­ple­men­tie­ren kön­nen. Mit ei­nem – idea­ler­wei­se so­gar dif­fe­ren­zie­ren­den – nut­zen­ori­en­tier­ten Ge­schäfts­ver­ständ­nis im Rü­cken und der da­zu ge­hö­ri­gen Um­set­zung lässt sich in der Fol­ge je­de Dis­rup­ti­on früh­zei­tig am Ho­ri­zont er­ken­nen und da­mit auch (spie­lend) meis­tern. Man be­den­ke: Von Cloud Com­pu­ting spre­chen wir mitt­ler­wei­le seit vie­len Jah­ren, der ech­te Markt­durch­bruch er­folgt aber erst jetzt. Da­vor ver­strich viel Zeit zum ak­ti­ven An­pas­sen der ei­ge­nen Ge­schäfts­mo­del­le, lei­der meis­tens un­ge­nutzt.

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