Ist es schlicht und einfach Grössenwahn, wenn sich ein IT KMU die Marktführerschaft als strategisches Ziel vornimmt? Ganz klar Nein, denn Ziel einer guten Strategie sollte eigentlich immer die Marktführerschaft oder wenigstens eine Position unter den Top X seines Marktes sein. Und das hat gute Gründe. Zuvor aber: Was verstehe ich hier unter „Markt“ und „Marktführerschaft“?
Den Markt, in welchem ein IT KMU die Marktführerschaft erlangen will, definiert es selbst, er wird nicht von aussen bestimmt. Der Markt besteht aus einer Kombination von Geschäftsfeld und Zielgruppe und ist dann schmal, wenn sich das KMU erstens auf Weniges konzentriert (also nicht verzettelt) und zweitens auf eine kleine Zielgruppe spezialisiert. Eine Zielgruppe hat dann weniger mit demographischen Kriterien wie Branche, Firmengrösse, Geografie etc. zu tun als mit dem gemeinsamen Nenner von gleich gelagerten Bedürfnissen, Wünschen, Problemen oder Engpässen, die der Zielgruppe eine Konformität verleihen. Indem auf diese Weise die Zielgruppe eng gefasst wird, gelingt es auch dem IT KMU eine für sich gültige Zielgruppe zu definieren, deren Marktführerschaft in vernünftiger Zeit mit vernünftigem Aufwand zu ereichen ist (eine Faustregel spricht hier vom 5- bis 10-fachem Volumen – Umsatz oder Mengen – unserer aktuellen Kapazität). Da die Zielgruppe eng gefasst ist und sich auf eine eigens festgelegte Gemeinsamkeit stützt, finden sich in aller Regel auch nur sehr wenige bis keine Konkurrenten in unserem Markt. Gehen wir dann der Marktführerschaft entgegen und es gehen uns in absehbarer Zeit die potentiellen Kunden im von uns definierten Markt aus, dann erweitern wir unseren Markt vorsichtig in verwandete Bereiche. Dies tun wir durch Erweiterung unseres Geschäftsfeldes (in der Regel gefährlich) oder unserer Zielgruppe (sinnvoller). Die strategische Entwicklungsrichtung geht also von einer eng gefassten Zielgruppe mit gleichgelagerten Problemen, Engpässen oder Wünschen aus und arbeitet sich über die Erreichung von Teil-Marktführerschaften Schritt für Schritt in den Markt hinein. Also von einem eng gefassten Markt in einen breiten Markt und nie umgekehrt.
Nachdem nun klar ist, dass auch IT KMU in ihrem Teilmarkt durchaus die Marktführerschaft erreichen können, ein paar Worte zum Sinn bzw. Vorteil einer Marktführerschaft. Getreu dem Sprichwort „lieber der Erste im Dorf, als der Zweite in Rom“ gelten für den Marktführer immer andere, bessere Regeln als für den Rest aller Mitbewerber. Der Marktführer unterliegt kaum einem Preisdruck, er ist wesentlich attraktiver für Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Partner, Investoren, er verdient mehr Geld und kann mehr investieren und er ist bei jeder Ausschreibung mit dabei. Der Marktführer macht in seinem Markt die Regeln, wonach die Anderen sich richten müssen. Verantwortungsvoll damit umgegangen ist dies auch zum Nutzen der Kunden, die vom hohen Spezialisierungsgrad des Marktführers durch nützlichere Produkte und Dienstleistungen deutlich mehr profitieren als in einem Markt, indem sich die Konkurrenten nur noch mittels des Preises und austauschbarer Produkte und Leistungen gegenseitig bis aufs Messer bekämpfen. Wird mit der Marktfüherschaft übrigens nicht verantwortungsvoll im Sinne eines besseren Kundennutzens umgegangen, dann ist sie mit Sicherheit von kurzer Dauer (ausser es handelt sich um einen Monopolbetrieb, der aber mittlerweile in fast allen wirtschaftlichen Bereichen der Vergangenheit angehört – wenigstens in unseren Breiten).
Streben wir also auch als IT KMU nach der Marktführerschaft, es lohnt sich!