Das Stra­te­gie­tool der SWOT-Analyse (S für Strengths/Stärken, W für Weaknesses/Schwächen, O für Opportunities/Chancen und T für Threats/Gefahren bzw. Ri­si­ken) wird sehr oft bei der Ent­wick­lung von Stra­te­gi­en und Po­si­tio­nie­run­gen auch in KMU ver­wen­det. Sie wur­de an der Har­vard Busi­ness School in den 60er Jah­ren ent­wi­ckelt und adres­sier­te pri­mär die da­ma­li­gen Her­aus­for­de­run­gen grös­se­rer Un­ter­neh­men. Als al­lei­ni­ger Be­zugs­rah­men für ei­ne Strategie-Entwicklung in ei­nem Software-KMU eig­net sie sich aber nicht.

Aus­gie­bi­ge Be­schäf­ti­gung mit den Schwä­chen

In Er­gän­zung zur Stär­ken­ana­ly­se ver­langt die SWOT-Analyse ei­ne sys­te­ma­ti­sche Her­aus­ar­bei­tung der Schwä­chen des Un­ter­neh­mens. Da­mit wird der vie­ler­orts an­zu­tref­fen­den «Selbst­kas­tei­ung» wei­ter Vor­schub ge­leis­tet. Meist mit dem Er­geb­nis, dass aus­ge­klü­gel­te «Schwä­chen­be­sei­ti­gungs­pro­gram­me» ent­wi­ckelt und in die Um­set­zung ver­ab­schie­det wer­den. Die­se Pro­gram­me ha­ben aber nicht zur Fol­ge, dass sich das Un­ter­neh­men künf­tig Wett­be­werbs­vor­tei­le ge­gen­über sei­ner Kon­kur­renz er­ar­bei­tet, son­dern sich im Ge­gen­teil, im­mer mehr an die­se an­gleicht. Die oh­ne­hin schon vor­han­de­ne Aus­tausch­bar­keit wird da­mit zu­sätz­lich ze­men­tiert. Die Be­schäf­ti­gung mit den Schwä­chen und ih­rer Kor­rek­tur macht aber nach neu­em Stra­te­gie­ver­ständ­nis nur dann Sinn, wenn die Schwä­chen der Un­ter­neh­mens­ent­wick­lung mass­geb­lich im We­ge ste­hen und da­mit zu ei­nem Eng­pass für Wachs­tum und Pro­fi­ta­bi­li­tät wer­den. In der Pra­xis ist dies aber eher sel­ten der Fall.

Spe­zia­li­sie­rung und Al­lein­stel­lung blei­ben auf der Stre­cke

In den glo­ba­len Märk­ten mit ho­her Aus­tausch­bar­keit, mit dras­tisch mehr Käu­fern als Ver­käu­fern, mit dem ho­hen In­for­ma­ti­ons­stand der Kun­den dank In­ter­net und dem sehr schnel­len tech­no­lo­gi­schen Wan­del gibt es für KMU in der Soft­ware­bran­che zwei kri­ti­sche Er­folgs­fak­to­ren: Spe­zia­li­sie­rung ver­bun­den mit Al­lein­stel­lung. Al­les für al­le tun zu wol­len und das dann auch noch so, wie es die Kon­kur­renz macht, führt ge­ra­de­wegs in die Aus­tausch­bar­keit. Als Fol­ge da­von, Software-Ausschreibungen mit 10 und mehr An­bie­tern, Preis­kampf, Mar­gen­druck, Kos­ten­druck und ir­gend­wann kein Spass mehr an der Ar­beit und an sei­nen Kun­den. Hier­zu bie­tet die SWOT-Analyse kei­ne brauch­ba­re Hil­fe­stel­lung. Sie geht mehr von ei­nem Ver­käu­fer­markt aus und kon­zen­triert sich viel­mehr auf die Be­wäl­ti­gung von schwer zu fas­sen­den Markt­chan­cen und -ri­si­ken als mit der zen­tra­len Kun­den­zu­gangs­pro­ble­ma­tik für KMU in der heu­ti­gen Zeit des Hy­per­wett­be­werbs.

Schlüs­sel­stra­te­gie: Wo sind die Kun­den?

Die Kun­den mit ih­ren Pro­ble­men, Wün­schen und Be­dürf­nis­sen fin­det man in der SWOT-Analyse nicht. Sie wer­den ein­fach aus­ge­blen­det! Ein Ka­pi­tal­feh­ler, der da­zu führt, dass sich un­be­darf­te Un­ter­neh­men mit der SWOT-Analyse zwar in­ten­siv mit ih­rem ei­ge­nen Un­ter­neh­men und ih­rem Markt­um­feld be­schäf­ti­gen, da­bei aber ih­ren wich­tigs­ten Part­ner «Kun­de» voll­kom­men ver­ges­sen. Ins­be­son­de­re die ab­so­lut not­we­ni­ge Dis­kus­si­on der er­folg­ver­spre­chends­ten Ziel­grup­pe, ih­rer zen­tra­len Pro­ble­men und Be­dürf­nis­se, der be­darfs­ge­rech­ten In­no­va­tio­nen so­wie die Um­set­zung der ei­ge­nen Leis­tun­gen in für die Kun­den ver­ständ­li­che Nut­zen­kom­mu­ni­ka­ti­on blei­ben auf der Stre­cke. Strategie- und Po­si­tio­nie­rungs­ar­beit für Software-KMU dür­fen kei­nes­falls zu ei­ner aka­de­mi­schen Ge­dan­ken­übung ver­kom­men, son­dern müs­sen im­mer di­rekt auf den Kun­den zie­len. Denn, oh­ne Kun­de, kein Un­ter­neh­men.

Fa­zit

Die SWOT-Analyse deckt Tei­le ei­ner Strategie-Entwicklung ab. In er­folgs­kri­ti­schen Tei­len (sie­he oben) ist sie aber lü­cken­haft, ge­fähr­lich lü­cken­haft so­gar. Und seit ih­rer Ent­ste­hung in den 60er Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­derts ha­ben sich die Markt­ge­ge­ben­hei­ten so ra­di­kal ver­än­dert, dass ein Tool aus die­ser Zeit den Her­aus­for­de­run­gen von 2012 gar nicht mehr ge­wach­sen sein kann.

Beitrag teilen: