Genauso wie es weitgehend sinnlos ist, Unternehmensstrukturen ohne ausreichendes strategisches Fundament zu bauen («Structure follows Strategy»), macht es auch keinen Sinn, Marketing ohne eine klare Unternehmensstrategie zu betreiben. Dafür gibt es gewichtige Gründe:
- Das Marketing vermarktet Produkte, Dienstleistungen und vor allem Lösungen. WAS aber effektiv vermarktet werden soll, ist immer Gegenstand der Strategie. Aufbauend auf den Stärken und Kernkompetenzen des IT-Unternehmens werden erfolgsversprechende Geschäftsfelder entwickelt und mit konkreten Produkten, Leistungen und Problemlösungen ausgestattet. Hier gilt das Primat der Konzentration auf Weniges, um einer energiekostenden Verzettelung Vorschub zu leisten. Marketing kann also erst dann sinnvoll betrieben werden, wenn klar ist, welche Produkte und Dienstleistungen an die Frau bzw. den Mann gebracht werden sollen.
- Produkte und Dienstleistungen werden an potentielle Kunden – sprich Zielgruppen – vermarktet. Auch hier gilt das oben gesagte. Es ist eben die Strategie, die festlegt, an WEN verkauft werden soll und an wen nicht. Und die Strategie hat hier die sehr wichtige Aufgabe, die Zielgruppen klar zu bestimmen, um nicht zuletzt die Marketingkosten im überschaubaren Rahmen zu halten.
- Im Sinne der Konzentration der Kräfte muss sich das Marketing auf die Engpässe der Zielgruppe konzentrieren. Das heisst, mit minimalem Ressourceneinsatz, maximale Ergebnisse erzielen. Damit das Marketing aber weiss, WO es bei der Zielgruppe ansetzen soll, müssen die Engpässe vorgängig bei der Strategie-Entwicklung heraus gearbeitet worden und bekannt sein.
- Als IT-Unternehmen müssen wir unseren Kunden Problemlösungen anbieten können. Einfach nur Produkte und Dienstleistungen im Katalog aufzuführen ist gefährlich und macht uns einfach austauschbar und entspricht auch schlicht und ergreifend nicht mehr dem Bedürfnis der Kunden. Der Kunde ist kein IT-Spezialist. Er erwartet, dass wir uns in sein Businessproblem hineindenken und selbst einiges an Gehirnschmalz investieren, um eine Komplettlösung mit allen notwendigen Komponenten für ihn auf die Beine zu stellen. Genau dieser Prozess ist ein wesentlicher Bestandteil der Strategie-Entwicklung und darf keinesfalls an das Marketing delegiert werden.
Was passiert in der Praxis, wenn sich ein IT-Unternehmen nicht an die Reihenfolge «Zuerst Strategie, dann Marketing» hält?
- Das Unternehmen zielt auf die falschen Kunden, bzw. es zielt eigentlich gar nicht! Das Ziel im Marketing wird meist viel zu gross gewählt. Man schliesst dann die Bereiche links und rechts auch noch mit in die Marketingmassnahmen mit ein und beginnt irgendwann mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen. Mit dem Ergebnis, dass die Marketingbotschaften überall ein bisschen, aber nirgends geballt, konzentriert und vor allem wirkungsvoll ankommen. Die gewünschten Ergebnisse bleiben aus, bzw. müssen – wie wir alle wissen – sehr teuer erkauft werden.
- Das Unternehmen verzettelt sich häufig und beginnt plötzlich so etwas wie «Marketingprodukte» ins Angebot aufzunehmen. Produkte, die im Prinzip keinen Beitrag zur Lösungsfindung leisten, sondern bloss dazu gedacht sind, beim Kunden Kaufreize auszulösen. In der Regel reagieren Kunden auf solche taktischen Manöver nicht besonders «amused».
- Das Unternehmen zeigt wenig bis keinen Durchhaltewillen. Wer kennt diese Situation nicht? Mit grosser Begeisterung ob der genialen Idee wird eine neue Marketingmassnahme gestartet und alle wundern sich, wieso nach zwei Wochen noch nichts Messbares passiert ist. Rasch wird die Marketingmassnahme wieder eingestellt, weil sie ja offensichtlich nichts bringt. Marketing braucht erstens die richtige strategische Grundlage und zweitens Zeit. Wer sich aber nicht mit Vertrauen auf eine gut durchdachte und plausible Strategie stützen kann, ist immer sehr schnell versucht, Umsetzungsmassnahmen vorschnell abzubrechen und als nutzlos abzutun.
- Das Unternehmen akzeptiert Kunden, die eigentlich nicht zu ihm und seinen Leistungen passen. Damit wird viel Energie in kundenspezifischen Lösungen gebunden mit dem häufigen Ergebnis, dass weder der Kunde zufrieden ist, noch das IT-Unternehmen Geld verdient hat. So entstehen klassische «lose-lose Situationen».
- Ganz generell kann man sagen, dass Marketing ohne Herausarbeitung der wesentlichen Strategie-Eckpfeiler wie Geschäftsfelder, Problemlösungen und Kundennutzen, kaufentscheidende Kriterien, Zielgruppen und deren Engpässen und eventuell notwendiger strategischer Kooperationen reine Geldverschwendung ist.
- Ebenfalls nicht vergessen werden darf, dass sich Unternehmen mit «Hauruck-Marketing» und «heute so, morgen wieder anders» schnell bei ihren Kunden und ihren potentiellen Kunden unglaubwürdig machen. Wer für alles steht, steht für nichts so richtig, und das merken die aufgeklärten Kunden von heute schnell. Das unweigerliche Ergebnis: Rabatte und Preisnachlässe im besten Fall.