In den meisten KMU Softwareunternehmen ist diese Frage eher theoretischer Natur. Dort sind der Verwaltungsrat und die Geschäftsführer ohnehin meist identisch. Wenigstens in der Schweiz mit dem angelsächsischen System der Personalunion von Aufsicht und Exekutive ist dies die Realität (Deutschland mit seinen Aufsichtsräten für Aktiengesellschaften trennt hingegen strickte). Dennoch ist die obige Fragestellung relevant und sollte auch für jedes KMU durchdacht und gelöst werden.
Externer Verwaltungsrat im Software-KMU
Oft finden sich – auch in kleinen KMU – externe Verwaltungsräte. Sie sollen das Unternehmen vor zu grosser Betriebsblindheit schützen und ihm Know-how und Beziehungen vermitteln, die es sonst nicht hätte. Diese Idee ist begrüssenswert und kann von grossem Nutzen sein. In der Praxis stelle ich jedoch immer wieder fest, dass den externen Verwaltungsräten das für die Strategie-Entwicklung notwendige Know-how fehlt. Sie wurden in der Regel auch nicht aufgrund ihres Strategiewissens ins Unternehmen geholt, sondern aufgrund ihrer Beziehungen zu Investoren, aufgrund ihrer engen Beziehungen zu den Eigentümern oder oftmals auch wegen ihres Know-hows in Finanz- oder Marketing- und Verkaufsfragen. Die fehlende Betriebsblindheit bleibt damit nicht selten als einziger positiver Effekt übrig.
Strategie-Entwicklung findet im Unternehmen selbst statt
Weitaus praktischer, flexibler und erfolgversprechender ist die Positionierungs- und Strategie-Arbeit direkt ins Unternehmen zu verlagern. Kopf des Strategie-Teams sollten regelmässig der oder die mitarbeitenden Geschäftsleitungsmitglieder sein, die wie oben ausgeführt meistens die VR-Sitze innehaben. Bewährt hat sich ausserdem der frühzeitige Einbezug von Schlüsselmitarbeitern, die entweder von ihrer Position im Unternehmen einen engen Strategiebezug aufweisen (wie beispielsweise im Marketing, Vertrieb oder der Produkteentwicklung) oder, die aus eigenem persönlichem Interesse ihren Beitrag zur Unternehmensgestaltung leisten wollen. Viele Strategieberater von KMU sind sich mittlerweile einig, «Mitarbeiter sind die besten Strategen». Last but not least sind in die Strategiearbeit involvierte Mitarbeiter um das x-fache motivierter und interessierter am Unternehmen als solche, die bloss auszuführen haben, was sich andere ausgedacht haben.
Immer wieder beobachte ich, dass rein intern gebildete Strategieteams in ihren Workshops und Meetings zwar „Strategie“ auf der Agenda stehen haben, sich aber dann trotzdem fast nur noch über das operative Geschäft unterhalten – dies oftmals im Glauben, man diskutiere und entscheide Strategisches. In Erinnerung ist mir die kürzliche Aussage eines KMU-Chefs mit rund 30 Mitarbeitern, der meinte: „Meine Leute können und müssen alles entscheiden, was ihr Tagesgeschäft von ihnen verlangt. Bloss strategische Entscheidungen – wie der Kauf eines neuen Fahrzeuges – sind dann meine Sache“.
Die Integration eines externen Spezialisten für Strategie (Strategiecoach und Branchenkenner) kann der Gefahr „Operatives für strategisch zu halten“ Paroli bieten. Er bringt die ungetrübte Aussensicht mit, er gilt in aller Regel auch nicht als „Prophet im eigenen Lande“ und er kann das Management bei der Umsetzung immer wieder mit sanftem Druck aus den Tiefen des operativen Business holen und an die wichtige strategische Sicht der Dinge – das sogenannte „Big Picture“ – erinnern.